Der Weltwunderzyklus

Die Wandmalereien sind wiederum für Pietro Bagnatore bezeugt. In einem Erker erscheint zweimal die Datierung MDLXXXIII. Das Programm der Acht Weltwunder beruft sich in den Bildkompositionen auf das 1572 entstandene Werk „Octo Mundi Miracula“, das Kupferstiche von Philipp Galle nach Entwürfen von Maarten van Heemskerck enthält.

Der Zeustempel in Olympia (OLYMPYA) zeigt den thronenden Gott mit Blitzebündel und Weltkugel, ein Werk des griechischen Bildhauers Phidias. Die Szenen im Bildvordergrund zeigen Details der Olympischen Spiele, links den Ringkampf zweier Männer, rechts die Bekrönung des Siegers mit einem Lorbeerkranz. Für die Ikonographie der Olympischen Disziplinen stellt dieses Detail eine frühe Rarität dar. Als spezieller Beschützer der Spiele tritt hier Herkules in seinem Standbild auf. Die Anlehnung an die Stichvorlage ist trotz der Bildverschiedenheit und seitenverkehrten Umsetzung nicht zu verkennen.

Die Stadtmauern von Babylon (BABYLONIS MVRI) umschließen unter anderem das Heiligtum von Zeus Bélos, auf dem anderen Ufer des Euphrat liegen die Hängenden Gärten der Semiramis. Über dem Stadttor des als Idealsstadt der Renaissance errichteten Babylon prangt die Skulptur der legendären Stadtgründerin Semiramis, vor den Mauern jagt die Königstochter mit Pfeil und Bogen einen Löwen.

Der Leuchtturm von Alexandrien (PHAROS) wurde von Baumeister Sostratus von Knidos entworfen und gebaut. Die Vordergrundszene zeigt die Beratschlagung des Pharao Ptolemäus durch den Baumeister.
Der Kulttempel der Diana zu Ephesos (DIANAE EPHE/SIAE TEMPLVM) ist das nächstfolgende Bauwunder. Vergleichbar der Vorgängerszene präsentiert auch hier der Baumeister Cerisphon dem Bauherrn, wohl König Krösus von Lydien, den Grundriss zum Tempelbau, Bildhauer sind mit der Zuarbeitung der monolithen Säulen beschäftigt, während im Hintergrund bereits neugierige Besucher auf das Bauwerk zugehen.

Das Supraportenbild des Kolosses von Rhodos (COLOSSVS SOLIS) wiederholt hingegen wörtlich Sadelers Stich. Der Sonnengott Apoll mit der brennenden Feuerschale in der Rechten, das größte Standbild der Antike, das mit gespreizter Beinstellung die Hafeneinfahrt bewacht, wird gerade von einem Schiff durchfahren, im Vordergrund ist die Entstehung der überdimensionalen Skulptur geschildert.

Das Mausoleum von Halikarnassos (MAVSOLEVM) wurde 334 v. Chr. als Grabstätte für König Mausolos errichtet. Die Bildversion zeigt die Besichtigung des Bauwerks durch Königin Artemisia, selbst Schwester und Ehefrau des Königs, in Begleitung des Baumeisters Pytheos von Satyros. Die Stichvorlage zeigt die Königin mit einem Pokal in der Hand: Im Auftrag ihres Mannes sollte sie seine Asche mit Wein zu sich nehmen, um so selbst zum lebendigen Grabmal zu werden. Die Namen der am Bau beschäftigten Bildhauern sind als Scopas, Bryaxis, Timotheus und Leachares überliefert.

Ergänzt wird das klassische Programm der Sieben Weltwunder nicht nur durch das Kolosseum, sondern weitere römische Bauten der Antike, deren Wiedergabe sich wiederum auf Maarten van Hemskerck beruft, der in sein 1535 angefertigtes „Römisches Skizzenbuch“ eine Reihe von antiken Bauten festgehalten hatte.